Warum hat der Sicherheitsrat keine humanitäre Intervention in dem Fall „Sudankonflikt“ gestartet? Eine Erklärung anhand der Konstruktivismus-Theorie
10. leden 2011 Pavel Šatra komentářeDas Vorgehen der internationalen Gemeinschaft wird durch mehrere Theorien der Internationalen Beziehungen interpretiert, wenn es um die Bewältigung einer humanitären Katastrophe geht.

Einleitung
Einordnung in die Diskussion über humanitäre Interventionen
Das Vorgehen der internationalen Gemeinschaft wird durch mehrere Theorien der Internationalen Beziehungen interpretiert, wenn es um die Bewältigung einer humanitären Katastrophe geht. Der konstruktivistische Ansatz behauptet, dass die Staaten auf Grund der Normen ihre Interessen generieren und als Folge dieser Interessen handeln. Im Vergleich zu der realistischen und liberalen Theorie sind die Interessen nicht gegeben und verändern sich mit der Zeit (Krell, 2009: 359). Dies verleiht der Interpretation mehr Dynamik
(Finnemore, 2004: 102).
Die Konzentration dieses Textes liegt auf den zwei normativen Konzepten der Souveränität, nämlich auf Responsibility to Protect (R2P-Konzept) und auf der Souveränität, die ihre Legitimation im internationalen Recht findet (IR-Souveränität). Die IR-Souveränität stammt aus der Zeit der Dekolonisation (Finnemore, 2004: 110). Das R2P-Konzept hat seinen Ursprung im Diskurs über humanitäre Interventionen seit dem Ende des Kalten Kriegs (ICISS, 2001: 19). Das Konzept der IR-Souveränität strebt danach, dass die Staatssouveränität nicht angegriffen wird, auch nicht in den Fällen, wenn der Staat scheitert und seine Bewohner nicht mehr beschütz. Demgegenüber zielt das R2P-Konzept darauf, dass die internationale Gemeinschaft die Verantwortung des Staates für seine Bewohner übernimmt, sofern der Staat die Rolle des Beschützers nicht mehr spielen kann oder will.
Aus diesen zwei Souveränitätskonzepten entwickelt sich die Diskussion über Maßnahmen, die der UN-Sicherheitsrat zur Verminderung von humanitären Katastrophen ergreifen kann. Kofi Annan hat in der UN-Generalversammlung 1999 und 2000 zur Einigung bezüglich der Handlungsnorm aufgerufen und sich eindeutig für das R2P Modell ausgesprochen (ICISS, 2001: 19). Die International Commission on Intervention and State Souvereignty (ICISS) und die Autorin von Humanity as the A and Ω of Sovereignty plädieren auch für die R2P-Norm. Ebenfalls haben die Autoren der Studie The Responsibility To Protect and the Crisis in Darfur, Paul Williams und Alex Bellamy, erwähnt, dass die Regierungen die „Souveränität als Verantwortlichkeit“-Sprache benutzen (Williams – Bellamy, 2005: 29).
In dem Fall Darfur, bzw. Sudan, wurden genügend Bedingungen für die Anwendung des R2P-Konzeptes, sprich für die Einführung einer humanitären Intervention[1], erfüllt
(Williams – Bellamy, 2005: 28-29), aber sie hat nicht stattgefunden. Williams und Bellamy geben eine umfassende Antwort, die sich auf die Wendepunkte der Geschichte der humanitären Interventionen vom Ende des 20. Jahrhundert bis heute stützt.
Der vorliegende Text versucht die Antwort um einen anderen Aspekt zu erweitern. Es wird nämlich die Diskussion im Sicherheitsrat über die verabschiedeten Resolutionen zum Fall Sudan analysiert, wobei darauf geachtet wird, ob das R2P-Konzept völlig vorherrschet, oder ob manche Staaten noch die IR-Souveränität vertreten.
Dazu wird als Kenntnisquelle über das R2P-Konzept der eigene Text der Autoren, sprich der International Commission on Intervention and State Souvereignty, benutzt. Als Grundlage für die IR-Souveränität ist eine gründliche Auseinandersetzung mit diesem Thema von Anne Peters hilfreich.
Das angesehene Buch über Theorien der internationalen Beziehungen Weltbilder und Weltordnung: Einführung in die Theorie der internationalen Beziehungen von Gert Krell dient dann der Aufstellung der Frage und Hypothese dieser Arbeit, die sich auf den konstruktivistischen Rahmen beruft. Die Methode dieser Arbeit stütz sich auf den Klassiker unter den sozialwissenschaftlichen Methoden, nämlich auf Andreas Diekmann und sein Werk Empirische Sozialforschung.
Das Hintergrundwissen über die Entwicklung des Konfliktes im Sudan stammt hauptsächlich von Berichterstattungen der International Crisis Group (ICG), wobei die normativen Aspekte der Texte gefiltert wurden[2].
Fragestellung und Methode
Die Frage und die Hypothese, die den Rahmen dieses Aufsatzes bilden, gehen von der allgemeinen konstruktivistischen Annahme aus. Diese besagt, dass „… die Welt den Akteuren nur durch Wahrnehmung und Deutung zugänglich ist und dass sie diese Welt auf der Grundlage von Ideen und Interpretationen gestalten“ (Krell, 2009: 358). Dies erlaubt den Fokus nur auf die Diskussion zu legen, weil die Akteure ihre Wahrnehmung und Deutung der Problematik in der Diskussion vorstellen. Auf die Problematik reagieren sie auf Grund der Leitideen, in diesem Fall auf Grund der zwei Konzepte.
In dieser Arbeit wird die folgende Frage gestellt: Wieso kam es im Zeitraum vom Jahr 2004 bis zum Juli 2010 im Sicherheitsrat zu keiner Abstimmung über eine humanitäre Intervention in Zusammenhang mit dem Sudankonflikt?
Der ausgewählte Zeitraum richtet sich nach der ersten Resolution, die zum Sudankonflikt verabschiedet wurde. Manche Studien konzentrieren sich auf einzelne Konflikte innerhalb des Sudans. Dieser Aufsatz bearbeitet das ganze Thema Sudankonflikt, weil die Beantwortung der Frage und der Test der Hypothese eine größere Menge an verabschiedeten Resolutionen benötigt.
Es ist zu erwarten, dass auf Grund der Beantwortung der Fragen die Erklärungskraft der folgenden Hypothese überprüft werden kann: „Die unterschiedlichen Wahrnehmungen von Souveränität unter den Sicherheitsratsmitgliedern behinderten die Durchführung einer humanitären Intervention im Sudan.“
Um die Ziele dieser Arbeit erreichen zu können, wurde als Methode eine qualitative Inhaltstextanalyse[3] ausgesucht. Es werden nämlich die transkribierten Reden von Sicherheitsrat-Sitzungen analysiert. In diesen äußern sich die Staaten zum Thema und erwähnen grundlegende Argumente, die sie zur bestimmten Entscheidung über eine Resolution angeführt haben. Ein Strukturierungsverfahren wird angewendet, weil nur Teile der Texte, die einen Zusammenhang zu den zwei Souveränitätskonzepten haben, gebraucht werden. Das Strukturierungsverfahren bezieht sich auf eine Nominalskala, die die IR-Souveränität und das R2P-Konzept repräsentiert. Die Grundgesamtheit der Daten besteht aus den transkribierten Reden zu den Resolutionen zum Thema Sudankonflikt, die nicht einstimmig angenommen wurden.
Vorgehensweise
Der Hauptteil wird in dem zweiten Kapitel mit der Beschreibung der Entwicklung des Konfliktes im Sudan eröffnet. Die Wendepunkte werden angesprochen und die humanitäre Krise wird dargestellt.
Anschließend folgt eine Vorstellung des R2P-Konzeptes und der IR-Souveränität, die beim Kodieren der Texte als Vorlage diente. Es werden Leitideen, Grundannahmen, Vorgehen beim Lösen einer humanitären Katastrophe und die Themen der externen und internen Souveränität erläutert. Die Auflistung der für die Minderung einer humanitären Not bevorzugten Institutionen und ein knapper Vergleich der beiden Konzepte fallen auch in diesen Bereich.
Das vierte Kapitel repräsentiert den Kern des Aufsatzes. Es werden die Ergebnisse der Inhaltstextanalyse vorgestellt. Bei jeder nicht einstimmig getroffenen Resolution wird die Diskussion zur Abstimmung im Sicherheitsrat in Zusammenhang mit den zwei Normen rekonstruiert.
Im fünften und letzten Kapitel wird auf die Frage eingegangen und die Erklärungskraft der Hypothese getestet. Es wird auch eine alternative Erklärung kurz angesprochen. Weiterhin werden Schwächen und Potentiale der Methode beschrieben und neue Themen eröffnet, die dieser Text mit sich bringt.
Entwicklung des Konflikts in Sudan
Die letzte Phase des Bürgerkrieges im Sudan reicht bis zu den achtziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts zurück. Anfang des einundzwanzigsten Jahrhunderts hat der Konflikt eine sonderliche Anzahl an Toten, Binnen- und Außenvertriebenen und Vergewaltigten ausgewiesen (ICG, 2002a). Die Streitdimensionen sind vielfältig. Es wird manchmal vereinfacht als Konflikt zwischen Nord und Süd bezeichnet. Allerdings gibt es auch Brennpunkte im Westen und Osten. Zu dem geographischen Ausmaß gehören auch religiöse und ethnische Hintergründe. Die muslimische Bevölkerung mit der helleren Pigmentierung, überwiegend aus dem Norden, kämpft gegen die Schwarzafrikaner christlich-animistischen Glaubens, die vornehmlich in Süden wohnen. Es stehen sich die von Zeit zu Zeit wechselnden Regierungen mit Rebellen-Gruppen gegenüber, wobei die Rebellen-Gruppen auch untereinander kämpfen. In dem Bürgerkrieg geht es ebenfalls um den Besitz der Ölfelder, die der Finanzierung der Waffen und des Allgemeinwohles dienen.
Detaillierter verfolgt die ICG den Verlauf des Konfliktes von dem Jahr 2002 an. Anfang des Jahres 2002 hat die Regierung Kampfhubschrauber gegen militärische Ziele sowie gegen Zivilisten in dem Gebiet der Ölfelder eingesetzt (ICG, 2002a). Im Laufe des Jahres hat die Regierung ihre Waffenausrüstung einschließlich der Luftwaffenkräfte verbessert. Dies führte zur Intensivierung der ethnischen Säuberungen (ICG, 2002b). Am Ende des Jahres hat die Regierung mit der Sudan People’s Liberation Movement (SPLM)[4] in Machakos, Kenia ausgehandelt, dass der Norden das Scharia Recht einführt während der Süden breitere Selbstdeterminierungsmöglichkeiten kriegt (ICG, 2003).
Das Jahr 2003 hat mit einem postitiven Wendepunkt begonnen. Die UN, die Regierung und die SPLM haben sich auf Richtlinien des Zugangs für die humanitäre Hilfe geeinigt (TCHA, 2003). Vorher gab es keine festen Regeln und der Einlass für humanitäre Organisationen wurde einige Male begrenzt. Die Waffenstillstandverhandlungen, die die Intergovernmental Authority for Development (IGAD)[5] in Naivasha, Kenia, veranstaltete, haben weiterhin nicht die Pluralität der Rebellen-Gruppen berücksichtigt und sind nur zwischen der Regierung und der SPLM geführt worden (ICG, 2004a).
In den ersten Monaten des Jahres 2004 hat sich der Konflikt, diesmal in Darfur, alarmierend verschärft. In dem westlichen Gebiet sind 30 000 Menschen in einem Jahr gestorben
(ICG, 2004b). Viele sind Opfer der von der Regierung ausgerüsteten arabischstämmigen Janjaweed Milizen geworden (Auswärtiges Amt, 2010). Im Zusammenhang mit der humanitären Not in Darfur hat der Sicherheitsrat die erste Resolution zum Sudankonflikt verabschiedet. Die African Union Mission in Sudan (AMIS), die zuerst von Sicherheitsratsmitgliedsstaaten nur logistisch unterstützt wurde, sollte den Waffenstillstand in Darfur überwachen (ICG, 2005).
Im Jahr 2005 wurde über die „Blauenhelm“ - United Nations Mission in Sudan (UNMIS) im Sicherheitsrat entschieden, die auch den Waffenstillstand zu monitorieren hatte und noch dazu die humanitären Arbeiter schützen sollte (Res. 1591, 2005). Die beiden Missionen wurden erweitert und in dem Jahr 2006 standen ihnen insgesamt mehr als 30 000 Truppen zur Verfügung (ICG, 2006).
Das Jahr 2007 brachte eine deutlich niedrigere Totdesrate mit sich. Allerdings ist die Szene weniger überschaubar geworden und der Zugang zu humanitärer Hilfe wurde eingeschränkt (ICG, 2007). Auf die neuen Herausforderungen sollte die Hybrid-Mission der AU und UN, United Nations – African Union Mission in Darfur (UNAMID), reagieren. Die UNAMID hat im Vergleich zu ihren Vorgängerinnen ein stärkeres Mandat, weil sie nicht bloß den Waffenstillstand überwachen soll. Ihre Aufgabe ist es bis heute, die Zivilisten zu schützen (Res. 1769, 2007).
Der nächste Punkt auf der langen Liste der Wendepunkte, die den Konflikt komplizierter gemacht haben, ist die Entstehung des neuen Staates Kordofan, der sich an der Grenze des Nord-Süd-Konfliktes in dem Jahr 2008 bildete (ICG, 2008).
Die letzte Ausweitung der humanitären Not ereignete sich zusammen mit dem Haftbefehl des International Criminal Court (ICC) gegen den Präsidenten Al-Bashir wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Als Rückmeldung hat nämlich die regierende Partei, National Congress Party, den Zugang zu der humanitären Hilfe rasant eingeschränkt. Die Regierung, die Afrikanische Union und die Liga der arabischen Staaten haben gegen den Sicherheitsrat Druck ausgeübt und der Haftbefehl wurde zurückgenommen (ICG, 2009).
Die Entwicklung des Konflikts im Sudan ist durch mehrere nicht eingehaltene Waffenstillstände und Friedensabkommen gezeichnet. Signifikant sind auch Schwankungen der humanitären Not, die in bestimmten Zeiten wegen dem mit Absicht eingeschränkten Einlass der Hilfe verursacht wurden.
Auf den Verlauf des Bürgerkrieges hat der Sicherheitsrat mit mehreren Resolutionen reagiert. Bei den Entscheidungsprozessen über die Maßnahmen haben die zwei sehr unterschiedlichen Konzepte, die die Staatsouveränität betreffen, eine bestimmte Rolle gespielt. Die Konzepte kamen zu Wort, weil die beschlossenen Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft die Staatsouveränität des Sudans betroffen haben.
Vorstellung der entscheidenden Konzepte
R2P-konzept
Das von der Ära nach dem Kalten Krieg stammende und aktuell von Staaten, sowie nichtstaatlichen Akteuren viel häufiger vertretene Souveränitätskonzept wird Responsibility to Protect genannt. Der Name verweist auf die Leitidee des Konzeptes. Diese ist, dass die souveränen Staaten die Verantwortlichkeit für den Schutz der eigenen Bewohner vor vermeidbaren Katastrophen wie Massenmord, Massenvergewaltigung und Hungersnot tragen. Allerdings muss die Verantwortlichkeit von der breiteren Kommunität der Staaten getragen werden, wenn der souveräne Staat die eigenen Bewohner nicht schützen will oder kann (ICISS, 2001: 10).
Die Grundannahmen des R2P-Konzepts sind folgende: die Staatssouveränität impliziert Verantwortlichkeit und der Sicherheitsrat ist für die Aufrechterhaltung des internationalen Friedens und der Sicherheit verantwortlich. (ICISS, 2001: 13)
Die Verantwortlichkeit zu Schützen bezieht drei Aspekte ein, die das Vorgehen zur Minderung einer humanitären Not repräsentieren. Erstens ist es die Verantwortlichkeit zur Vorbeugung, bzw. die vom Menschen verursachten Aspekte, die zur humanitären Not führen könnten, zu benennen. Zweitens ist es die Verantwortlichkeit zur Reaktion, wenn erwartet wird, dass Mittel wie Sanktionen, internationale Strafverfolgungen und in extremen Fällen auch militärischer Einsatz benutz werden. Drittens und letztens ist es die Verantwortlichkeit zum Wiederbau, was die Konsequenzen des militärischen Einsatzes und die Ursachen des Konfliktes lösen soll. (ICISS, 2001: 13)
Dieses Vorgehen hat wichtige Folgen für die Staatssouveränität, die die externe und interne Dimension betrifft. Das externe Ausmaß schreibt dem Staat vor, die Souveränität der anderen Staaten zu respektieren. Die interne Dimension beauftragt den Staat die Menschenwürde und Grundrechte der Bewohner zu respektieren (ICISS, 2001: 24). In der Praxis wird die externe Dimension beibehalten, falls die interne Dimension erfüllt ist.
Die ICISS erwähnt Institutionen, die an der Verwirklichung der R2P-Norm beteiligt sein sollten. Die geeignetste Institution für die Autorisation einer humanitären Intervention ist der Sicherheitsrat (ICISS, 2001: 13). Für die Strafverfolgung der Einzelnen sorgen derweilen die ad hoc gebildeten internationalen Strafhöfe oder das ICC (ICISS, 2001: 30), das unabhängig von den Machverhältnissen entscheiden sollte (ICISS, 2001: 40). Die humanitäre Hilfe der Nichtregierungsorganisationen wird stark unterstützt (ICISS, 2001: 91).
Zusammengefasst erwartet R2P, dass der Frieden und die Menschenrechte besser beibehalten werden können, falls Staaten ihre Grundfunktionen erfüllen (ICISS, 2001:24). Wenn dies nicht der Fall ist, übernimmt die internationale Gemeinschaft die Verantwortung für die Leute. Das Ziel des R2P-Konzeptes ist Leben und Menschenwürde zu schützen, wobei die Staatssouveränität unter bestimmten Bedingungen geopfert werden kann.
IR-Souveränität
Im Vergleich zu dem R2P-Konzept stammt die IR-Souveränität aus der Ära der Dekolonisation (Finnemore, 2004: 110). Die IR-Souveränität ist durch eine Leitidee geprägt, die erwartet, dass ausschließlich der Staat für das Einhalten der Menschenrechte zuständig ist.
Die Leitidee wird durch folgende Grundannahmen erweitert: Es wird argumentiert, dass die mögliche Intervention in die innerstaatlichen Angelegenheiten dem Export der Normen dient, was zu einem unerwünschten moralischen Absolutismus führen kann (Peters, 2009: 527). Eine berechtigte Intervention gibt es fast nicht, weil man die Politik der anderen Staaten nicht objektiv beurteilen kann, und deswegen ist es auch nicht erlaubt, die anderen Staaten zu richten. Noch dazu würde sie gegen die Nicht-Interventionsklausel verstoßen
(Peters, 2009: 527-528), bzw. gegen das Internationale Recht.
Die Nicht-Interventionsklausel spielt für die IR-Souveränität eine legitimierende Rolle. Eine Intervention ist nämlich nicht mit der juristischen Gleichwertigkeit der Staaten vereinbar, die für die Möglichkeit der Selbstdeterminierung der Staaten sorgt. Jeder Staat hat das Recht auf Selbstbestimmung (Peters, 2009: 528).
Das nächste Argument für die bedingungslose Aufrechterhaltung der Staatssouveränität sagt, dass die Erfüllung der staatlichen Grundfunktionen bloß möglich ist, wenn die Souveränität nicht zerstreut ist. Der Schutz der Leben ist also immer besser durch einen Staat zu erreichen. (Peters, 2009: 530-531)
Das Thema der internen Souveränität wird demnächst beantwortet. Es gibt eine bestimmte Beziehung zwischen dem Volk und dem Staat, die aus der Tradition des Staates herkommt. Diese Beziehung sollte die internationale Gemeinschaft respektieren, obwohl sie manchmal nicht legitim ist (Peters, 2009: 527). Für die externe Dimension der Souveränität ist der bereits beschriebene Punkt der Nicht-Interventionsklausel wichtig. Dieser soll nämlich dafür sorgen, dass alle Staaten gleich sind. Im Ergebnis bedeutet dies, dass ein Staat auf keine Weise in die Angelegenheiten eines anderen Staates intervenieren darf.
Beim Lösen der Konflikte, die humanitäre Not verursachen, bevorzugen Vertreter der IR-Souveränität laut diplomatische Verhandlungen mit dem betroffenen Staat. Bei den Debatten wollen sie reine Diplomatie anwenden, um den Staat dazu zu bringen, vollständigen Schutz der eigenen Bewohner zu gewährleisten. Eine materielle Hilfe für die Regierung ist dabei vorgesehen. Der favorisierte Charakter der Verhandlungen ist intergouvernemental. Die nichtstaatlichen Akteure, wie Rebellen-Gruppen werden oft nicht zum Tisch eingeladen. Falls die erste diplomatische Runde nicht zufriedenstellende Ergebnisse liefert, wird in weiteren Runden wieder diplomatisch verhandelt, bis die Minderung der humanitären Not eintritt.
Den institutionellen Rahmen für die Minderung einer humanitären Not liefert der betroffene Staat selbst. Für die Strafverfolgung der Zuständigen der humanitären Katastrophen ist die nationale Jurisdiktion zuständig. (Peters, 2009: 532)
Am Ende zielt das IR-Konzept auf die Bewahrung der vollständigen Staatsouveränität. Es ist nämlich der Staat allein, der mit einer humanitären Not innerhalb des eigenen Territoriums am besten umgehen kann.
Die Unterschiede der zwei Konzepte sind klar. R2P erlaubt eine Intervention in die innenstaatlichen Angelegenheiten, falls es sich um eine große humanitäre Not handelt. IR-Souveränität will jeglichen Angriff der Souveränität vermeiden. Beim R2P-Konzept haben die Bewohner der Staaten das Recht auf Selbstdeterminierung und bei der IR-Souveränität sind es die Staaten. Wenn der Staat seine Bewohner nicht schützt, übernimmt diese Aufgabe die internationale Gesellschaft, sagen R2P-Vertreter. Die IR-Souveränität will erreichen, dass es immer der Staat ist, der für den Schutz seiner Bewohner zuständig ist. Es sind also zwei widersprüchliche Konzepte, die unterschiedlich auf eine vom Menschen verursachte humanitäre Katastrophe reagieren.
Einfluss der zwei Konzepte auf den Sudankonflikt
Die erste Resolution, die zum Thema Sudankonflikt durch den Sicherheitsrat verabschiedet wurde, stammt aus dem Jahr 2004. Bis Juli 2010 beschäftigten sich insgesamt zweiunddreißig Resolutionen mit dem Thema. Die meisten Resolutionen behandelten Verlängerungen der Missionen, Erweiterungen der technischen Unterstützung, berücksichtigen Einzelschritte in der Entwicklung der Friedensverhandlungen, usw. Auch wurde die Mehrheit der Resolutionen einstimmig verabschiedet. Allerdings gibt es sieben, über die kein einstimmiger Konsens bestand[6]. Sechs von diesen sieben Resolutionen sind für die Entwicklung des Vorgehens des Sicherheitsrates im Sudankonflikt von entscheidender Bedeutung[7]. Die Themen der Resolutionen, Ergebnisse der Abstimmungen und Begründungen der Mitglieder werden im Bezug auf die zwei Souveränitätskonzepte weiter vorgestellt.
Die Resolution 1556 aus dem Jahr 2004 hat eine Beobachtungsmission mit Schutzkräften des eigenen Personals eingeführt. Die Auferlegung des Waffenembargos für die Nichtregierungsentitäten und Individuen (Res. 1556, 2004: 4) und das Drohen mit anderen Sanktionen (Res. 1556, 2004: 3) gehörten zu den Streitthemen. Von den fünfzehn Mitgliedern haben sich China und Pakistan enthalten[8].
Die Volksrepublik China hat die Resolution nicht unterstützt, weil sie an diplomatische Verhandlungen glaubte, die später Frieden bringen sollten und die Souveränität Sudans respektierten. China war gegen die Ausrüstung der Janjaweed Milizen. Trotzdem war es nicht mit dem Waffenembargo einverstanden. Die Pflichtmaßnahmen könnten die Situation ihrer Meinung nach sogar verschlechtern.
Pakistan war derselben Meinung, was die Einführung der Pflichtmaßnahmen angeht, und hat noch hinzugefügt, dass die Drohung mit weiteren Sanktionen nicht empfehlenswert sei. Im Ergebnis war Pakistan zufrieden, dass die Resolution die einst vorgesehenen stärkeren Maßnahmen nicht beinhaltete. Somit wurde nämlich die territoriale Integrität des Sudans beibehalten.
China gehört also zu den Vertretern des IR-Konzeptes und will diplomatische Verhandlungen beibehalten. Die beiden Staaten, die sich enthielten, waren der Meinung, dass Sanktionen den Zustand des Konfliktes nicht verbessern könnten. Pakistan betonte zusätzlich, irgendeine stärkere Pflichtmaßnahme würde die Souveränität des Sudans angreifen.
Als Befürworter der Resolution haben sich die Vereinigten Staaten, Deutschland, Rumänien und Chile darauf geeinigt, dass es ein klassischer Vorgang sei, Sanktionen einzuführen, wenn der diplomatische Weg seine Ziele nicht erreiche. Die Vereinigten Staaten, Deutschland und Frankreich meinten die Pflichtmaßnahmen seien zu Wort gekommen, weil der Staat beim Schutz seiner Bevölkerung gescheitert sei. Frankreich und die Philippinen haben die R2P-Argumentationsweise noch weiterentwickelt: Wenn der Sudan seine Bevölkerung nicht schützt, ist die internationale Gemeinschaft für die Sicherung ihres Lebens verantwortlich. Damit sind mehrere Hauptmerkmale des R2P-Konzeptes abgedeckt worden.
(Symbol der Sitzung S/PV.5015, 2004)
Die nächste Resolution 1564 aus dem Jahr 2004 hat die Beobachtungsmission erweitert (Res. 1564, 2004: 2) und eine Untersuchungskommission für Menschenrechtsverletzungen eingeführt (Res. 1564, 2004: 3-4). Die Resolution beinhaltet auch das Drohen mit Sanktionen für den Öl-Sektor (Res. 1564, 2004: 4), worüber sich der Sicherheitsrat nicht einigen konnte. Vier von fünfzehn Mitgliedern haben sich enthalten.[9]
Russland hat die Resolution nicht unterstützt, weil die Verantwortlichkeit für die Bewohner ihrer Meinung nach in den Händen der sudanischen Autorität liege. Gleichzeitig hat sich Russland mit China und Pakistan darauf geeinigt, dass das Drohen mit wirtschaftlichen Sanktionen die Situation nur beeinträchtigen könne. Laut China gibt es bloß einen Weg, wie die internationale Gemeinschaft das Leben der Sudanesen retten könne: Man solle humanitäre Hilfe anbieten. Pakistan war weiterhin darüber erfreut, dass die Resolution den Respekt der Sudanesischen Souveränität beinhaltete. Alle diese Argumentationsschwerpunkte sind der IR-Souveränität zuzuordnen.
Allerdings waren die Vereinigten Staaten, Deutschland, Frankreich und Chile der Meinung, dass das Drohen mit wirtschaftlichen Sanktionen eine Konsequenz der nur teilweise erfüllten Forderungen der Vorgänger-Resolution 1556 sei und dass das Erhöhen des Drucks notwendig sei. Die Philippinen, Spanien und Rumänien haben das Argument noch bekräftigt: Es sei die Verantwortung des Rates den Druck zu erhöhen, wenn die humanitäre Not so alarmierend sei. Von der Seite der Vereinigten Staaten wurde weiter gedrängt, weil die Regierung eigene Landsleute töte. Zusammengefasst haben die Vertreter der beiden Konzepte die Art ihrer Beweisführung verschärft. (Symbol der Sitzung S/PV.5040, 2004)
Die Resolution 1591 aus dem Jahr 2005 hat die UNMIS Mission eigeführt, die die Erfüllung der verlangten Maßnahmen überwachen sollte (Res. 1591, 2005: 3). Gleichzeitig ist eine neue Sanktion vorgestellt worden, die sich für das Einfrieren der Bankkonten der für die schweren Menschenrechtsverletzungen verantwortlichen Personen einsetzte (Res. 1591, 2005: 4-5), und zum Streitthema geworden ist. Drei von fünfzehn Mitgliedern waren mit der Resolution nicht einverstanden.
Russland hat sich enthalten, weil die diplomatischen Möglichkeiten überhaupt nicht ausgeschöpft seien. Die Aufgabe des Sicherheitsrates sei es, einen Mechanismus zu entwickeln, der die Konfliktseiten des Sudans am Tisch der Friedensverhandlungen behalten würde. Russland einigte sich dann mit China darauf, dass die Sanktionen den Konflikt im Endeffekt noch komplizierterer machen könnten. China hat weiterhin seine zurückhaltende Position zu jeglichen Sanktionen deutlich geklärt. Diese zwei Länder haben die Vorgehensweise der IR-Souveränität vertreten. Algerien hat das Ziel seiner Arbeit im Sicherheitsrat geäußert. Es wollte sich für ein angemessenes Vorgehen einsetzen, das die Souveränität, Einheit und territoriale Integrität des Sudans respektiert, was mit dem Ziel der IR-Souveränität vereinbar ist.
Aus der Befürworter-Gruppe hat sich kein Staat, außer der Vereinten Republik Tansania, deren Text keiner Kodierregel entsprach, zum Thema geäußert. (Symbol der Sitzung S/PV.5153, 2005)
In dem Jahr 2005 herrschte auch bezüglich der Resolution Nummer 1593 kein Konsens. Das Thema der Abstimmung war das Verweisen der im Sudan begangenen Menschenrechtsverletzungen an das ICC (Res. 1593, 2005). Im gesamten Sicherheitsrat haben vier Staaten die Resolution nicht unterstützt[10].
China, ein Land, das sich enthielt, war besorgt, dass die Ergebnisse des ICC die Friedensverhandlungen stören könnten, was der IR-Souveränitätsvorgehensweise entspricht. Das Land war aus Rücksicht auf die Souveränität nicht für die Resolution, weil die Menschenrechtsverbrecher ein Gerichtsverfahren innerhalb der sudanesischen Jurisdiktion erfahren sollten. Dies ist mit dem institutionellen Rahmen der IR-Souveränität vereinbar.
Aus der Gruppe der Befürworter und gleichzeitig Vertreter des R2P-Konzeptes haben das Vereinigte Königreich, Frankreich, Griechenland, Tansania und Benin für die Resolution gestimmt und waren mit dem ICC als Gericht einverstanden, weil es als sehr geeignete Institution angesehen wurde. Sie haben trotz eigener Einwände[11] die Resolution unterstützt, weil sie sich nach dem Ziel des R2P-Konzeptes, Leben und Menschenwürde zu schützen, gerichtet haben. Benin war der Meinung, dass der Staat beim Schutz der eigenen Landsleute gescheitert sei und deswegen die internationale Gesellschaft die Verantwortung trage. Diese Verantwortlichkeit impliziert die Aufgabe, sich um die Gerechtigkeit zu kümmern zu müssen. Ein wichtiger Aspekt des R2P-Konzeptes - der Transfer der Verantwortlichkeit - wurde auch erwähnt. (Symbol der Sitzung S/PV.5158, 2005)
Die nächste Resolution, welche nicht einstimmig verabschiedet wurde, war Nummer 1672 aus dem Jahr 2006. Das Haupt- und Streitthema war die Ausführung[12] der Resolution 1591 in Bezug auf Einzelpersonen (Res. 1672, 2006). Drei von fünfzehn Mitgliedern des Sicherheitsrates haben sich enthalten[13].
Russland begründete seine Zurückhaltung damit, dass die Verwirklichung der Sanktionen die Friedensverhandlungen störe. China benutzte stärkere Ausdrücke und war der Meinung, dass die Sanktionen die Population schikanierten. Die oberste Priorität des Rates sei es, die AU bei den Friedensverhandlungen zu unterstützen. Die Texte der beiden Länder entsprechen der Vorgehensweise der IR-Souveränität.
Die einzige Begründung des Abstimmverhaltens aus der Gruppe der Befürworter wurde von dem Vertreter der Vereinigten Staaten geäußert. Dieser stellte den klassischen Vorgang des R2P-Konzeptes vor. Das Verfahren gehe weiter und dazu gehöre auch das Druckerhöhen, das den Friedensverhandlungen helfe. Dafür sei der Sicherheitsrat verantwortlich. (Symbol der Sitzung S/PV.5423, 2006)
Der letzten wichtigen Resolution zum Sudankonflikt, die keinen Konsens im Sicherheitsrat fand, gehörte die Nummer 1706 und entstand 2006. Das Thema der Resolution war die Erweiterung des Mandates der UNMIS Mission, Steigerung ihres Militär- und Zivilpersonals und der Einsatz in dem Darfur Gebiet (Res. 1706, 2006: 3-6). Drei von fünfzehn Staaten enthielten sich[14].
Die Begründungen der Länder, die sich zurückhielten und gleichzeitig Vertreter der IR-Souveränität waren, hat wie bereits mehrmals zuvor China erläutert. Der Botschafter betonte dreimal, dass die Modifizierung der UNMIS nur unter der Bedingung möglich sei, dass es die Regierung Sudans bewillige[15]. Russland hat auch den Gedanken unterstrichen, dass es ohne das Einverständnis der Regierung nicht gehe. Die beiden Veto-Mitglieder verwiesen auf die Maxime der IR-Souveränität, und zwar, dass der Staat selbst entscheide und die Einmischung der internationalen Gemeinschaft nicht zulässig sei. Katar hat die Resolution nicht unterstützt, weil es die Prinzipien des Internationalen Rechts langfristig verteidigte und weil die Resolution Konsequenzen für die Souveränität Sudans haben würde. Katar hat sich also eindeutig für die IR-Souveränität geäußert.
Aus der Gruppe der Fürsprecher des R2P-Konzeptes haben sich Vereinigte Staaten, das Vereinte Königreich, Griechenland und die Slowakei darauf geeinigt, dass der Sicherheitsrat bei solch einer eskalierten humanitären und Sicherheitsnot die Verantwortlichkeit gegenüber der Menschen in Darfur trage. Das R2P-Konzept sieht in dem Sicherheitsrat ebenfalls das richtige Organ zur Bekämpfung der humanitären und Sicherheitsnot. Es impliziert auch den Gedanken, dass die internationale Gemeinschaft im Allgemeinen dafür verantwortlich ist, was Argentinien und Dänemark mitteilten. Das Vereinte Königreich hat auch den Mechanismus erklärt, der besagt, dass wenn der Staat beim Schutz der eigenen Bewohner scheitert, die Verantwortlichkeit auf die internationale Gemeinschaft übertragen wird. Es hat noch zusammen mit der Slowakei das Ziel des R2P-Konzeptes erwähnt, das es darum gehe, die Leben der Zivilisten zu schützen. (Symbol der Sitzung S/PV.5519, 2006)
Zusammengefasst wurden in den sechs für den Sudankonflikt entscheidenden Diskussionen und in den Begründungen der Mitglieder alle Hauptmerkmale der beiden Souveränitätskonzepte deutlich. Die Vertreter der IR-Souveränität gehörten zu der Gruppe der Enthaltungen und die Fürsprecher des R2P-Konzeptes zählten zu den Befürwortern der Resolutionen. Von dreiundsechzig Begründungen gingen fünfzig von einem der beiden Konzepte aus.
Fazit
Die qualitative Inhaltstextanalyse hat bewiesen, dass sich die Sicherheitsratsmitglieder bei den nicht einstimmig getroffenen Resolutionen zum Sudankonflikt nach den zwei Konzepten richteten. Auf Grund der Analyse wird die Frage „Wieso kam es im Zeitraum vom Jahr 2004 bis zum Juli 2010 im Sicherheitsrat zu keiner Abstimmung über eine humanitäre Intervention im Zusammenhang mit dem Sudankonflikt?“, beantwortet.
In dem Sicherheitsrat kam es zu keiner Abstimmung über eine humanitäre Intervention, weil kein Konsens über die entscheidenden Resolutionen bestand. Die Mitglieder des Sicherheitsrates waren sich beim Lösen der humanitären Krise nicht einig, wie vorgegangen werden sollte, wer für die Bewohner des Sudans verantwortlich sei, welche Institutionen die humanitäre Krise lösen sollten und worauf gezielt werden solle.
Die Vertreter der IR-Souveränität wollten, dass die Vorgehensweise weder Druckerhöhung noch Sanktionen gegen den Sudan beinhaltete. Es sollte nur bei Friedensverhandlungen bleiben. Die R2P-Konzept Befürworter waren der Meinung, die Friedensverhandlungen sollten durch Druckerhöhen und Sanktionen unterstützt werden.
Die IR-Souveränität Anhänger haben oft wiederholt, die Verantwortlichkeit bleibe beim Staat, obwohl dieser beim Schutz der eigenen Bewohner scheitere. Die Fürsprecher des R2P-Konzeptes wollten die Verantwortlichkeit auf die internationale Gemeinschaft oder auf den Sicherheitsrat übertragen.
Für die Lösung der humanitären Krise und die Bestrafung ihrer Verursacher seien der Staat und seine Jurisdiktion die geeignetsten Akteure, so IR-Souveränität Befürworter. Die Vertreter des R2P-Konzeptes bevorzugten die internationale Gesellschaft, die im Sicherheitsrat organisiert ist, und das ICC.
Die IR-Souveränität Fürsprecher zielten auf die Bewahrung der Staatsouveränität. Die Vertreter des R2P-Konzeptes zielten auf das Retten von Leben.
Die Sicherheitsratsmitglieder, vor allem die ständigen fünf mit Veto-Rechten, waren sich in so vielen Punkten uneinig, weil sie unterschiedliche Wahrnehmungen von Souveränität haben. Es kam also zu keinem Vorschlag bezüglich einer humanitären Intervention, über den hätte abgestimmt werden können. Es wurde nämlich erwartet, dass dieser nicht genügend Unterstützung erhalten würde.
Die bereits erläuterte Antwort verifiziert die Hypothese: „Die unterschiedlichen Wahrnehmungen von Souveränität unter den Sicherheitsratsmitgliedern behinderten die Durchführung einer humanitären Intervention im Sudan.“ Da die Mitglieder des Sicherheitsrates entweder die IR-Souveränität oder das R2P-Konzept vertraten, gab es keinen Konsens über weniger komplizierte/bedeutende Maßnahmen, wie z.B. Sanktionen. Eine humanitäre Intervention, eine sehr komplizierte und bedeutende Maßnahme zur Minderung einer humanitären Krise, ist infolgedessen nicht in Frage gekommen.
Keine sozialempirische Methode kann behaupten, dass ihre Ergebnisse hundertprozentig sicher sind. Die Lücken der in dieser Arbeit angewandten Methode stecken darin, dass sie von zwei völlig unterschiedlichen Souveränitätskonzepten ausgegangen ist. Daher gab es Textstellen, bzw. Begründungen, die nicht kodierbar waren, weil sie zu keinem der zwei Pole gehörten.
Es kann auch eingewandt werden, dass sich der benutzte konstruktivistische Rahmen fälschlicherweise nur an den vorgestellten Abstimmungsbegründungen bezüglich der Resolutionen orientiert und nicht an den gegebenen Macht- und Wirtschaftsinteressen, die für das Abstimmen der Staaten entscheidend sein könnten. Eine alternative Antwort auf die Frage wäre, dass sich manche Staaten bei der Verabschiedung der Sanktionen zurückgehalten haben, weil sie mit ihren Macht- und Wirtschaftinteressen nicht übereinstimmten[16].
Trotzdem hat die angewandte Methode das Potenzial bewiesen, ebenso nachvollziehbare Erklärungen für andere Konflikte geben zu können. Ein Aufsatz, der sich auf mehrere Konflikte beziehen würde, wäre interessant. Mit der größeren Anzahl der analysierten Begründungen bezüglich Abstimmungen über Resolutionen wäre es möglich, bedeutende Hypothesen über das Abstimmungsverhalten der Sicherheitsratsmitglieder zu überprüfen.
Odpovědný redaktor: Han Mohnert
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Sicherheitsrat (2005): Symbol der Sitzung S/PV.5153; Online: http://daccess-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/PRO/N05/287/63/PDF/N0528763.pdf?OpenElement
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Sicherheitsrat (2006): Symbol der Sitzung S/PV.5519; Online: http://daccess-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/PRO/N06/484/22/PDF/N0648422.pdf?OpenElement
(abgerufen am 17. 08. 2010).
[1] Unter dem Begriff „humanitäre Intervention“ wird eine militärische Mission verstanden, die auf die Prävention oder die Beendung der Menschenrechtsverletzungen zielt und nicht von der Regierung des betroffenen Staates bewilligt wurde (Peters, 2009: 533).
[2] ICG bietet zwar tiefgehende Berichte über den Sudankonflikt, allerdings musste bei der Arbeit mit dieser Quelle vorsichtig umgegangen werden, weil ICG ein deutlicher Vertreter der R2P ist und zu den nichtstaatlichen Akteuren gehört, die versuchen, den Sicherheitsrat zu beeinflussen.
[3] Das Kategoriensystem der Methode befindet sich in der Anlage Nr. 1.
[4] Sudan People’s Liberation Movement (SPLM) ist die Stärkste Rebellen-Gruppe aus dem Süden, die sich um Unabhängigkeit bemüht. Die offiziele Webseite: http://www.splmtoday.com/.  ;
[5] Intergovernmental Authority for Development (IGAD) ist eine regionale Organisation, die sich für Entwicklung der Mitglieder (Äthiopien, Djibouti, Kenia, Somalia und Sudan) einsetzt. Die offizielle Webseite: www.igad.int.
[6] UNBISnet Voting Record Search, Ergebnisse der Suche mit der Beschränkung auf das Schlüsselwort „Sudan“, die Sicherheitsratsresolutionen und den Zeitraum 2001 bis 2011; Online: http://unbisnet.un.org:8080/ipac20/ipac.jsp?go_sort_limit .x=5&go_sort_limit.y=5&npp=50&ipp=20&spp=20&profile=voting&aspect=power&term=Sudan&index=.VW&uindex=&oper=&session=V28196546G8P9.100609&limitbox_1=VI01+%3D+vi_s&ultype=PD01&uloper=%3E&ullimit=2001&menu=search&aspect=power&npp=50&ipp=20&spp=20&profile=voting&ri=1&source=~!horizon&sort=3100033 (abgerufen am 1. 8. 2010). Von dieser Quelle stammen Ergebnisse aller Abstimmungen.
[7] Die siebte nicht einstimmig beschlossene Resolution 1828 behandelte die Erweiterung der UNAMID Mission (Res. 1828, 2008), wobei das einzige Mitglied, das sich zurückhielt (die Vereinigten Staaten), eigentlich mit der Erweiterung einverstanden war. Sie hatten sich lediglich gegen ein Problem, das bereits in der Diskussion zu der Resolution 1593 besprochen wurde, empört.
[8] Die Begründungen der Befürworter Russland, Spanien und Brasilien haben nicht genügend Kriterien erfüllt, um zu einem der beiden Konzept zugeordnet werden zu können.
[9] Aus den Zurückgehaltenen hat der Text von Algerien und aus den Befürwortern haben die Texte von Benin und Vereinigtem Königreich keine genügenden Kriterien erfüllt um zu einem der beiden Konzepte zugeordnet werden zu können.
[10] Die Begründungen von Algerien, Brasilien und Vereinigten Staaten (Enthaltungen) haben nicht genügend Kriterien erfüllt, um einem der beiden Konzepte zugeordnet werden zu können. Die Vereinigten Staaten haben ausnahmsweise nicht das R2P-konzept vertreten. Das ICC verstöße nämlich gegen die Natur der Souveränität. Aus der Gruppe der Befürworter waren die Begründungen der Philippinen, Japan, Argentinien, Rumänien und Russland nicht kodierbar.
[11] Die Resolution sieht Ausnahmen für manche Staatsmänner, einschließlich den Präsidenten Al-Bashir, vor (Res. 1593, 2005: 2).
[12] In der Resolution 1591 wurde mit dem Einfrieren der Bankkonten und mit Bewegungsverbot der Menschenrechtsverbrecher gedroht (Res. 1591, 2005: 4-5).
[13] Die Begründung Katars hat nicht genügend Kriterien erfüllt, um einem der beiden Konzepte zugeordnet werden zu können.
[14] Die Begründungen Japans, Frankreichs und Ghanas haben nicht genügend Kriterien erfüllt, um einem der beiden Konzepte zugeordnet werden zu können.
[15] In der Resolution steht „[The Council] invites the consent of the Government of National Unity“ (Res. 1706, 2006: 3). Die Modifizierung der UNAMIS wurde von der Regierung nicht wie eine humanitäre Intervention angenommen.
[16] Amnesty International berichtet, China und Russland haben bewusst das Waffenembargo nicht eingehalten (Epoche Times, 2007). Zuzüglich ist China ein wichtiger Kunde des sudanesischen Erdöls (SOS Darfur, 2008) und Russland wurde Ende des Jahres 2009 explizit zu Öl- und Eisenbahnprojekten eingeladen (SOS Darfur, 2009).
Jak citovat tento text?
Šatra, Pavel. Warum hat der Sicherheitsrat keine humanitäre Intervention in dem Fall „Sudankonflikt“ gestartet? Eine Erklärung anhand der Konstruktivismus-Theorie [online]. E-polis.cz, 10. leden 2011. [cit. 2025-02-09]. Dostupné z WWW: <http://www.e-polis.cz/clanek/warum-hat-der-sicherheitsrat-keine-humanitare-intervention-in-dem-fall-sudankonflikt-gestartet-eine-erklarung-anhand-der-konstruktivismus-theorie.html>. ISSN 1801-1438.
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